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Es wurde schon ein paarmal erwähnt: unterschiedliche Nutzung der Gene – worum geht es da? Haben sie schonmal diese chinesische Fadennudelsuppe gegessen? Stellen sie sich ungefähr so das Genom vor, dass verknäuelt im Zellkern liegt. Stellen sie sich nun noch vor, dass auf diesem Knäuel Stück für Stück Informationen verteilt sind – wie gesagt, 2m in jeder einzelnen Zelle – dann kann man sich auch vorstellen, dass diese Informationen nur schwer zugänglich sind. Kurz gesagt kann die Information nur abgelesen werden, wenn das Erbgutstück freiliegt. Oder im Sinne des Eingangs erwähnten Pianisten gesprochen: Nur dann kann die Klaviatur bedient werden und eine Melodie erklingen. Insgesamt geht es bei der Epigenetik genau darum: um Mechanismen, die das benötigte Stück Erbgut finden und andocken, an der Stelle „aufklappen und freilegen“ - oder eben auch nicht. An das Erbgut angelagert Moleküle wirken wie Schalter, die das Knäuel verdichten oder es lockern. Faktoren in der zellulären Umwelt haben dann Einfluss auf diese Schalter – Bestandteile aus der Nahrung, Botenstoffe, die von physikalischen Umweltreizen wie Licht, Temperatur initiiert werden, oder chemische Faktoren wie Bestandteile der Nahrung, Gifte oder Medikamente, oder Botenstoffe, die als Reaktion auf psychische Faktoren wie Stress, Entspannung, Bewegung oder Ruhe gebildet werden.
Das Erbgut = DNS (Desoxyribonukleinsäure)-Doppelstrang:
Die Grundbausteine unseres Erbgutes sind die vier Basen Thymin, Adenin, Guanin, Cytosin, die auf einem Grundgerüst aus Zucker (Desoxyribose) und Phosphorsäure aufsitzen.
Im DNS-Doppelstrang bilden immer Adenin und Thymin, sowie Guanin und Cytosin ein Paar im selben Strang. Drei aufeinanderfolgende Basenpaare codieren für eine Aminosäure, die “Bauteile” der Proteine = Eiweisse, die “Bausteine des Lebens”.
An die DNS angelagerte Methylgruppen (-CH3) blockieren diesen DNS Abschnitt und er ist inaktiv.
Um eine zusätzliche Kompaktheit zu erreichen, ist der DNS-Doppelstrang noch zusätzlich auf kleine “Knäuel” aufgewickelt. Diese bestehen jeweils aus 8 Proteinen (= Histonkomplex), zusammen mit der DNS bilden diese Knäuel die Nukleosomen.
Die doppelsträngige DNS spiralt sich in Korkenzieherdrehungen gegen den Uhrzeigersinn auf. In dieser Struktur ist es möglich, dass sie sich wie eine stark verdrillte Schnur räumlich verkürzt oder durch aufdrillen wieder verlängert.
Bei epigenetischen Mechanismen - also Mechanismen für die „Nutzung“ des Erbgutes - geht es darum, inwieweit Erbgutabschnitte zum Ablesen zur Verfügung stehen, oder eben nicht. Bereiche die weniger gepackt sind, sind besser aktivierbar. Deshalb regeln verschiedene epigenetische Mechanismen, wie dicht das Erbgut im Zellkern verpackt vorliegt.
Die DNS Helix ist um Histonkomplexe gewickelt. Bei epigenetischer Veränderung der Histonkomplexe (sogenannte Acetylierung) ist die Wickelung sehr fest: das Erbgut kann nicht abgelesen werden (links, schwarz), bei einer lockeren Wickelung ist es verfügbar (rechts, weiss).
Ein weiterer epigenetischer Mechanismus (die sogenannte Methylierung) sorgt durch Entfernung oder Anlagerung von Methylgruppen dafür, dass Gene entweder aktiv oder inaktiv sind. Wenn Methylgruppen an der DNS angelagert sind (die DNS ist methyliert), kann das Erbgut trotz einer lockeren Wickelung nicht abgelesen werden.
Der Erbgutstrang wird immer enger gewickelt und zu Chromosomen „verpackt”, diese sind zusammen das Erbgut (Genom). Das Genom bildet zusammen mit allen epigenetischen Modifzierungen das “Epigenom”.
Jeder Mensch hat 46 dieser Chromosomen. Zwei dieser Chromosomen enthalten die Erbinformation für das Geschlecht des Menschen (benannt nach ihrer Form): XX = Mädchen, XY = Jungen.
Jeder Mensch besteht aus mehr als 10 Billionen Zellen, und alle verfügen über dieselbe Erbinformation. Aber warum ist eine Leberzelle ganz anders als eine Hautzelle? Weil - dank epigenetischer Regulation - je nach Zelltyp nur eine bestimmte Anzahl der ~23.000 Gene “angeschaltet” sind. Deshalb sind Menschen nicht nur lose Zellhaufen, sondern bestehen aus mehr als 200 verschiedenen Zellarten.
Das, was wir essen, hat direkten Einfluss auf die epigenetischen Mechanismen:
unsere Nahrung liefert direkt Bestandteile, die wichtig für die epigenetische Regulation sind (Methylgruppen)
und/oder
Substanzen, die z.B. für den Vorgang der epigenetischen Regulation (Methylierung) wichtig sind.
Essen ist weit mehr als alltägliche Energieaufnahme, um den „Motor“ am Laufen zu halten. Schon in der Grundschule lernen wir, was gesunde Ernährung ausmacht: frisches Obst und Gemüse, wenig Zucker, et cetera, et cetera. Und obwohl wir alle es wissen, vergessen wir es auch gern wieder bzw. missachten es im Alltag und verfallen dem modernen Fertignahrungstrend. Wahrscheinlich auch, weil wir uns nicht vorstellen können, wie genau denn die Ernährung gesund wirken soll. Doch an der Nahrung kann man exemplarisch gut erklären, wie sich alltägliche Handlungen direkt auf das Erbgut in den Zellen unseres Körpers und damit auch auf unsere Gesundheit auswirken.
Nahrung enthält gewisse Bestandteile: Proteine, Kohlenhydrate, Fette, dazu noch Spurenelemente, Vitamine und diverse Nährstoffe, von denen man einige nur in frischen Lebensmitteln findet. Folsäure, Vitamin B12, Cholin und Betain zum Beispiel sind wichtige Nahrungsbestandteile, die direkt die dafür sorgt, dass die Schalter am Erbgut – dem Epigenom - gut funktionieren. Manchen Lebensmitteln wie zum Beispiel Sojaprodukten, Grüntee oder dem Gewürz Kurkuma wurde auch bereits eine positive Wirkung bezeugt, da sie Stoffe enthalten, die die Schalter und damit die ganze Funktionsweise der Zellen positiv beeinflussen. Nachweislich können epigenetische Mechanismen auch behindert werden. Doch Kopf hoch, gesunde Ernährung ist kein Zauberwerk!
Beim Essen im Sinne des Epigenoms „alles richtig“ zu machen, bedarf nur einer Regel: Achten Sie auf eine gesunde, frische, vitaminreiche, regelmäßige und abwechslungsreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse – Lebensmittel statt nur Nahrungsmittel. Lassen Sie es sich schmecken!
Epigenetik und Fortpflanzung
Welche Nachwirkungen der Erfahrungen unserer Ahnen zeigen sich noch bei uns selbst und wie viel der eigenen Gene geben wir an unsere Nachkommen weiter?