Truthahngeier Ötti: Abschied vom ältesten Zoobewohner

Er war eine Erscheinung. Das Zooteam ist traurig, den ältesten Zoobewohner verloren zu haben. 1966 kam Truthahngeier Ötti im Alter von vermutlich zwei bis drei Jahren aus Kuba in den Zoo Rostock. Am 7. Juli verstarb der hochbetagte Liebling der Tierpfleger im Alter von schätzungsweise 58 Jahren. Damit ist der Greifvogel mit dem markanten roten Faltenkopf fast dreimal so alt geworden, wie es in freier Natur üblich ist. Dort beträgt die Lebensdauer in der Regel maximal 20 Jahre.
„Viele wissenschaftliche Untersuchungen wie auch eine gerade veröffentlichte Studie zu Raubtieren belegen, dass Zootiere im Durchschnitt nicht nur deutlich länger leben, sondern auch erfolgreicher bei der Aufzucht von Jungtieren sind“, betonte Zoodirektorin Antje Angeli.

Aasfresser mit exzellentem Geruchssinn

„Unser Truthahngeier Ötti war eine kleine Persönlichkeit und sehr beliebt“, betonte Kurator Dr. Jens Bohn. „Zunächst hat er in einer Voliere mit zwei Lappengeiern zusammengelebt. 2005 zogen zwei weitere Truthahngeier in den Zoo Rostock ein, mit denen sich Einzelgänger Ötti aber nicht vertrug. Seitdem war er in seiner Eckvoliere am Vogelhaus anzutreffen. Ötti war zutraulich wie eine Handaufzucht, immer gut drauf und absolut pflegeleicht. Hin und wieder gab es kleine Aufmerksamkeiten von den Pflegern, wobei Ötti insbesondere Weintrauben, gekochte Eier sowie Eisbomben mit Kükenbeinen bevorzugte.
Charakteristisch für diesen fast vollständig schwarz gefiederten Geier und Aasfresser (Cathartes aura) mit exzellentem Geruchssinn sind die langen, breiten Flügel, der lange gerundete Schwanz, die im Flug weit gespreizten Handschwingen und der kleine, unbefiederte rote Kopf. Die Flügelspannweite kann eine Länge bis zu zwei Meter erreichen. Ihr Verbreitungsgebiet ist recht groß und reicht von Süd-, Mittel- und Nordamerika bis zu den Falklandinseln und der Südgrenze Kanadas. Die Art gilt als nicht gefährdet und ist relativ zahlreich vertreten. Im Zoo Rostock ist auch weiterhin ein Truthahngeierpärchen zu sehen.

Zoos setzen auf Forschung und Langzeitstudien

Zoos haben sich vor langer Zeit verpflichtet, die Lebensdaten ihrer Tiere kontinuierlich in einem gemeinsamen Archiv zu sammeln, und das bedeutet, dass sie Langzeittrends beobachten können – wie in einer aktuellen Studie zur Verbesserung der Haltung von Raubtieren weltweit.
Die Lebenserwartung und der Erfolg bei der Aufzucht von Jungtieren von in Zoos gehaltenen Raubtieren hat sich in den letzten 70 Jahren über alle untersuchten Familien hinweg deutlich erhöht. So hat sich der Anteil der Tiere, die ein bestimmtes, artspezifisches Alter erreicht haben, bei der Mehrzahl der Arten fast verdoppelt. Dies zeigt eine am 8. Juli veröffentlichte Studie* mit Daten der 95 am häufigsten in Zoos gehaltenen Raubtierarten. Dazu wurden die Lebensdaten von 160.000 Tieren ausgewertet.

*Originalpublikation
The historical development of juvenile mortality and adult longevity in zoo-kept carnivores
ZooBiologie, 08 Jul 2021, DOI: 10.1002/zoo.21639
https://europepmc.org/article/MED/34240465

 

 

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